Protest gegen Abschiebungen aus den USA: Demonstranten lassen nicht locker
In Los Angeles gehen Proteste gegen die Abschiebepolitik der Trump-Regierung weiter. Trump schickt Nationalgarde. Versammlungen in der Innenstadt sind verboten.

Die Razzien wurden in den vergangenen Tagen und Wochen landesweit ausgeweitet, nachdem die Behörde in den ersten Monaten von Trumps zweiter Amtszeit hinter den eigenen Vorgaben zurückgeblieben war. Nachdem es in Los Angeles am Wochenende zu mehreren gewalttätigen Ausschreitungen gekommen war, erließ Trump am Samstag eine Anordnung zur Entsendung von 2.000 Soldaten der Nationalgarde. Diese sollen die lokalen Einsatzkräfte in der kalifornischen Metropole unterstützen, um die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Am Sonntag erließen die Sicherheitsbehörden ein Versammlungsverbot für die Innenstadt von Los Angeles.
„In den letzten Tagen griffen gewalttätige Mobs ICE-Beamte und Bundespolizisten an, die in Los Angeles, Kalifornien, routinemäßige Abschiebeoperationen durchführten. Diese Operationen sind unerlässlich, um den Zustrom illegaler Krimineller in die Vereinigten Staaten zu stoppen. Im Zuge dieser Gewalt haben sich Kaliforniens verantwortungslose demokratische Politiker ihrer Verantwortung zum Schutz ihrer Bürger völlig entzogen“, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses Karoline Leavitt in einer Stellungnahme.
Trotzdem kam es auch am Sonntag – den dritten Tag in Folge – zu Ausschreitungen in der Stadt. Hunderte Demonstranten versammelten sich vor einer Haftanstalt in Downtown Los Angeles. Dort sollen dutzende Personen einsitzen, die bei den zurückliegenden Razzien verhaftet wurden.
Aufgeheizte Stimmung
Demonstranten protestierten vor dem Gebäude und riefen Parolen wie „Shame“ (Schande) oder „Go Home“ (Verzieht euch) in Richtung der Einsatzkräfte. Der demokratische Gouverneur des Bundesstaates Kalifornien, Gavin Newsom, erklärte in einem Schreiben an Präsident Trump, dass die Entsendung der Nationalgarde, die am Sonntag in Los Angeles eintraf, die aktuellen Spannungen nur „anheizen“ würde.
Die Proteste in Los Angeles – die Stadt ist, wie auch der Bundesstaat Kalifornien, eine Hochburg der demokratischen Partei – starteten am Freitag, nachdem ICE-Agenten mehrere Razzien in der Stadt durchgeführt hatten. Daraufhin kam es zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Einsatzkräften. Die Stimmung in der Stadt ist seitdem aufgeheizt. Die Ausschreitungen hatten sich in den Folgetagen auch auf Nachbarstädte ausgebreitet. Dabei setzten Demonstranten Autos in Brand, schlugen Scheiben ein und beschädigten Regierungseigentum.
Einsatzkräfte versuchten, die Proteste durch den Einsatz von Rauchgranaten und Tränengas sowie nicht tödlichen Waffen aufzulösen. Dabei wurden mehrere Demonstranten verletzt. Dutzende weitere Demonstranten wurden festgenommen, nachdem sie sich geweigert hatten, den Aufforderung der Einsatzkräfte Folge zu leisten.
Klare Schuldzuweisungen
Der amtierende ICE-Direktor Todd Lyons gab den lokalen Behörden sowie der Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, Schuld an der Eskalation am Freitag. „Unsere tapferen Beamten waren zahlenmäßig weit unterlegen, als über 1.000 Randalierer ein Bundesgebäude umzingelten und angriffen. Trotz mehrfacher Anrufe dauerte es über zwei Stunden, bis die Polizei von Los Angeles reagierte“, sagte Lyons in einer Erklärung.
Die Polizeibehörde der Stadt widersprach prompt und erklärte, dass die Verzögerung auf ein hohes Verkehrsaufkommen, die Proteste selbst und den Einsatz von chemischen Reizstoffen zurückzuführen sei. „Dies schuf eine gefährliche Situation für die reagierenden Beamten. Innerhalb von 55 Minuten nach Eingang des Anrufs begannen wir, die feindselige und randalierende Menge zu vertreiben“, so die Polizei.
Sowohl Bürgermeisterin Bass, eine frühere demokratische Kongressabgeordnete, als auch Gouverneur Newsom hatten den Einsatz der Nationalgarde durch Trump abgelehnt. „Die Bundesregierung übernimmt die kalifornische Nationalgarde und stationiert 2.000 Soldaten in Los Angeles – nicht, weil es an Polizeikräften mangelt, sondern weil sie ein Spektakel will“, sagte Newsom in einem Post am Samstag.
Bass bezeichnete den Einsatz der Nationalgarde am Sonntag als eine „chaotische Eskalation“. Latinos, also Menschen mit lateinamerikanischer Abstammung, stellen mit mehr als 45 Prozent die größte ethnische Gruppe in Los Angeles dar. Das harte Durchgreifen der Trump-Regierung gegenüber illegalen Einwanderern hat vor allem unter dieser Gruppe für viel Unruhe gesorgt.
3.000 Festnahmen täglich
Hinzu kommt, dass die Regierung erst vor wenigen Wochen ein neues Ziel ausgegeben hat. 3.000 Menschen, die sich unerlaubt im Land aufhalten, sollen jeden Tag festgenommen werden. Dies entspräche laut Medienberichten einer Verdreifachung der bisherigen Verhaftungszahlen.
Dieser erhöhte Druck durch die Regierung dürfte mit ein Grund dafür sein, dass es immer wieder Berichte von versehentlichen Verhaftungen legaler Einwanderer und sogar amerikanischer Staatsbürger gibt.
Trumps Wahlversprechen, die größte Abschiebeoperation in der Geschichte des Landes während seiner Amtszeit durchzuführen, gestaltet sich schwieriger als zunächst erwartet. Trotz mehreren medienwirksamen Razzien sind die bisherigen Abschiebezahlen nicht viel anders als im vergangenen Jahr unter Ex-Präsident Joe Biden.
Auf die Frage eines Journalisten, ob er auch plane, Soldaten nach Los Angeles zu entsenden, sagte Trump: „Wir werden überall Truppen haben. Wir werden nicht zulassen, dass unserem Land so etwas passiert. Wir werden nicht zulassen, dass unser Land so auseinandergerissen wird wie unter Biden“.
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